Kanzler Scholz startet seine dreitägige Reise durch Zentralasien. In Usbekistan soll ein Migrationsabkommen unterzeichnet werden, in Kasachstan trifft er die Staatschefs der fünf zentralasiatischen Länder.
Auch bei der Reise nach Zentralasien beschäftigt das Thema Migration die Bundesregierung. Denn in Usbekistan wird ein weiteres Migrationsabkommen unterzeichnet.
Joachim Stamp, der zuständige Sonderbevollmächtigte der Bundesregierung, hat darüber verhandelt. Der FDP-Politiker sagt, das Land sei in vielerlei Hinsicht ein sehr wichtiger Partner, wegen der geopolitischen Lage. Aber Usbekistan sei auch eines der ganz wenigen Länder, das „einen so hohen Anteil an jungen Leuten mit guter Qualifikation hat“. Und sie seien bereit, die Ausbildung auf Deutschland zuzuschneiden, „so dass wir beispielsweise im Pflegebereich dort geeignete Kräfte gewinnen können“.
Junge Bevölkerung, zu wenige Jobs
Usbekistan hat eine hohe Geburtenrate und eine entsprechend junge Bevölkerung. Für die es im Land allerdings nicht genügend Arbeitsplätze gibt. Traditionell sind viele Usbeken deshalb nach Russland zum Arbeiten gegangen. Rassismus und schlechte Bezahlung machen das aber zunehmend unattraktiv.
Der Migrationsexperten David Kipp sieht im Abkommen deshalb Chancen für beide Seiten. Denn das Interesse an Deutschland und an der deutschen Sprache sei in Usbekistan relativ groß: „So etwas muss man immer beachten, wenn man sich ein Land aussucht, mit dem man kooperiert.“ Man könne nicht nur auf Asyl- und Ankunftszahlen schauen. Sondern eben auch, welche Migrationsinfrastruktur es vor Ort gebe: „Und wenn es keine guten bilateralen Beziehungen gibt und auch keine Deutschschulen vor Ort, dann ist es häufig schwierig, eine gut vorbereitete Migration von Arbeitskräften zu gewährleisten.“
Abschiebungen von Afghanen eventuell Thema
Arbeitsmigration Richtung Deutschland ja, Aufnahme von afghanischen Straftätern aus Deutschland wohl eher nein. Bei der Frage, ob Usbekistan als Nachbarland Afghanistan bei der Rückführung von afghanischen Straftätern eine Rolle spielen könnte, bleibt Regierungssprecher Steffen Hebestreit zurückhaltend: „Die Frage nach Abschiebungen und Afghanistan, dazu haben wir uns zu keinem Zeitpunkt je zu einzelnen Staaten eingelassen und dabei belassen wir es auch. Ich sehe das aber auch nicht an vorderster Linie in den Sprechpunkten.“
Von Usbekistan reist Scholz am Montag weiter nach Kasachstan. Im größten Land der Region findet ein Treffen mit den fünf zentralasiatischen Staatschefs statt. Das sogenannte 5-plus-1-Format hatte im vergangenen Jahr in Berlin seinen Ursprung. Jetzt trifft man sich in Astana wieder.
Für Stefan Meister von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik zeigt die Bundesregierung trotzdem zu wenig Interesse an Kasachstan, Usbekistan, Turkmenistan, Tadschikistan und Kirgisien: „Das sind Länder, wo sie sich auf dem Toplevel treffen müssen.“ Sonst können man dort keine Beziehung entwickeln: „Und sie sehen eben auch hier, dass die Bundesregierung und eben auch der Kanzler eher Symbolpolitik betreiben, als dass sie wirklich strategisch, tiefer Beziehungen auch mit solchen Ländern aufbauen.“
Geopolitische Bedeutung der Region wächst
Zwischen Russland und China eingeklemmt, ist die Region geopolitisch wichtig. Für Deutschland geht es um neue Märkte, um Öl, Gas und andere Rohstoffe. Die Bundesregierung würde es begrüßen, wenn etwa mehr kasachisches Öl an die PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt fließen könnte. Ein Dutzend Wirtschaftslenker begleiten den Kanzler – in der Hoffnung auf gute Geschäfte.
Nach dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine hat die Bedeutung der Region zugenommen. Auch wenn es dort weiter traditionelle Verbindungen nach Russland gibt. Immer wieder gibt es Berichte, dass Sanktionen gegen Putin gerade über diese Länder umgangen werden, sagt der Zentralasien-Experte Meister: „Politik von zentralasiatischen Staaten würde ich immer als pragmatisch bezeichnen. Also man nimmt, was man bekommen kann, von allen Seiten. Und man versucht im Prinzip, in alle Seiten, in alle Richtungen Beziehungen zu entwickeln.“ Das heißt, es seien sehr wichtige Länder zur Umgehung von Sanktionen.
Neben dem heiklen Thema Sanktionen gegen Russland darf man aber auch nicht ausblenden, dass man es bei den fünf zentralasiatischen Staaten mal mindestens mit autoritär geführten Ländern zu tun hat.